Zwischen Bienensterben und Wolfsgeheul

Diskussionsabend zum Artenschutz bei der Reilinger SPD

Zur Veranstaltung “Zwischen Bienensterben und Wolfsgeheul“ begrüßte der SPD- Landtags-abgeordnete Daniel Born seine Kollegin Gabi Rolland, die stellvertretende SPD- Landesvor-sitzende und Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion für Umwelt- und Naturschutz sowie den Vorsitzenden des BUND Hockenheimer Rheinebene, Dieter Rösch, zum offenen Diskussions-abend in bis auf den letzten Platz vollbesetzten Franz-Riegler-Haus.

„Artenschutz geht nur, wenn man die richtige Balance findet“ formulierte Rolland in ihrem Eingangsstatement. Es folgte eine kenntnisreiche Präsentation der Umwelt- und Naturschutz-expertin mit den Bereichen Artenschutz und Naturschutzstrategie als Schwerpunkte. Für sie eine gute Nachricht: „Der Wolf kehrt zurück, zuletzt sah man den Wolf in Baden-Württemberg 1847“. Dies bringe jedoch Fragen mit sich, die angegangen werden müssten. „Wie schafft man es, dass der Wolf seinen Platz in der Kulturlandschaft findet?“. Die Antwor-ten lieferte sie dankenswerterweise gleich mit. „Der Dialog mit der Bevölkerung, Sicherheit durch Aufklärung der Bevölkerung herstellen, tatsächliche Beteiligungsprozesse gestalten, Personal aufstocken und mehr Geld in die Projekte fließen lassen, dann kann der Wolf er-neut eine Heimat in den Wäldern Baden-Württembergs finden“.

„Wie so oft in der Politik: es gibt große und kleine Tiere, das heißt aber nicht, dass die einen wichtig sind und die anderen unwichtig“, leitete der Wahlkreisabgeordnete Daniel Born zum zweiten Thema des Abends über und gab damit Dieter Rösch die Gelegenheit, die lokale Situ-ation aus Sicht des BUND darzustellen.

Aus Sicht des lokalen Naturschutzes gebe es einerseits erfreuliche Ereignisse, wie die Wie-deransiedelung des Weißstorches in Reilingen in den Kisselwiesen, einem letzten Rest von Wiesenlandschaft, diese Freude sei aber sehr getrübt durch die negativen Folgen der Inten-sivlandwirtschaft in der übrigen Feldflur, gab Rösch zu bedenken. Er frage sich, wo in einer ausgeräumten „Kultur“landschaft zwischen Rasenanbau, Folientunneln, intensivem Gemüse- und Maisanbau überhaupt noch Platz für einheimische Wildpflanzen, Insekten, Vögel und Säugetiere ist. Da brauche man sich nicht wundern, dass Naturfreunde, aber beispielsweise auch Jäger auch in Reilingen immer weniger Vögel oder andere Wildtiere beobachten kön-nen.
„Die Krefeld-Studie 2018 kommt zu dem Schluss, dass die Insektenpopulation seit 1990 um ca. 75% zurückgegangen ist, führte die Naturschutzexpertin Gabi Rolland weiter aus und machte deutlich: „Diese alarmierenden Zahlen kann man nicht einfach hinnehmen. Art und Umfang der Pestizidwirkstoffe, die in der baden-württembergischen Landwirtschaft zum Einsatz kommen, müssen unbedingt thematisiert werden.“ Besonders fatal seien Insektizide aus der Gruppe der Neonicotinoide und das Totalherbizid Glyphosat. Dieter Rösch ergänzte:

„Neonicotinoide wirken als Nervengift. Nehmen Insekten diese Gifte auf, etwa über Nektar und Pollen, ist unter anderem ihr Orientierungsvermögen gestört. Honigbienen finden nicht mehr in den Bienenstock zurück. Insbesondere in Naturschutz-, Wasserschutz- und in sogenannten „Natura 2000-Gebieten“ muss der Pestizideinsatz komplett verboten werden. Die besonders giftigen Neonicotinoide und das Totalherbizid Glyphosat müssen sofort und end-gültig aus unseren Äckern, Privatgärten und städtischen Grünanlagen verbannt werden.“ Einig waren sich beide, dass es nicht darum gehe, die Landwirte zu alleinigen Schuldigen der Situation zu machen, vielmehr sei die Politik aufgefordert, zusammen mit den Landwirten sinnvolle, nachhaltige aber auch ökonomisch vertretbare Schritte hin zu einer echten Agrar-wende zu erarbeiten. Die gesamte landwirtschaftliche Förderpolitik muss so ausgerichtet werden, dass sie den bäuerlichen Familienbetrieben und der Natur in unserem Land gleichermaßen nutzt.

Mit dem Reilinger Gemeindewald sprach Rösch ein aus Sicht des Naturschutzes weiteres heißes Eisen“ an. „Der Zustand unseres Waldes ist ein ökologisches Desaster. Die Bäume sterben und man sieht seitens der Forstwirtschaft keine halbwegs sinnvolle Möglichkeit, das zu verhindern oder gar zu beheben. Verantwortlich hierfür sind in erster Linie der Klima-wandel und die Maikäferplage der letzten Jahre. Im Reilinger Wald existiert die höchste En-gerlingdichte in ganz Baden-Württemberg, was alle Maßnahmen zunichtemacht, da diese so-fort alle frischen Wurzeln fressen“, schilderte Rösch die dramatische Situation und forderte die Landespolitik auf, sich endlich intensiv mit diesem Problem zu beschäftigen.
In einer angeregten Diskussion wurden schließlich Ideen und Anregungen von den Teilneh-mern gesammelt und Forderungen formuliert, wie eine Verbesserung der angesprochenen Punkte erreicht und ein moderner Artenschutz aussehen könnte. Das nahmen die beiden Parlamentarier ebenso mit nach Hause wie BUND-Chef Dieter Rösch.

Daniel Born und die gastgebende SPD Reilingen zeigten sich nach dem spannenden Diskus-sionsabend überzeugt, dass ein moderner, nachhaltiger und qualitativ hochwerter Arten-schutz gelingen kann. „Man merkt, dass hier so viele gute Überzeugungen und Ideen an Bord sind, dass die Politik im Austausch echte Meilensteine erreichen kann.“ so der Landtagsabgeordnete aus Schwetzingen.